Verantwortung und Chance: Plus-Size-Fitness auf Social MediaInfluencer Marketing: So lässt sich mit Diversität im Fitness-Markt neues Potenzial freisetzen

16.08.2021 / 15:49 Uhr

Düsseldorf. 

Wer bei Google sucht “Wie werde ich bei Instagram erfolgreich” erhält 36 Millionen Ergebnisse. Längst hat sich Creator zu einem anerkannten Beruf entwickelt, der so richtig viele Chancen auf den ganz großen Erfolg bereithält. Dabei scheint es alles schon zu geben. Wo also seine eigene Nische finden?

Eine Studie der Brand Reebok zeigte kürzlich, wo der deutsche Marke inhaltliche Defizite aufweist. Stichwort Diversität. Konkret: Die Vielfalt von Körperformen. Gerade mal 0,54 Prozent der Posts von beliebten deutschen Influencer:innen beschäftigen sich mit dem Thema Inklusion im Kontext von Fitness und Sport. Dabei steigt die Suche nach Content rund um Körper-Vielfalt massiv an. Allein in Deutschland wächst die Suche nach dem Hashtag #bodypositivity in den vergangenen 12 Monaten um über 300 Prozent, wie die Studie belegt. Hier liegt Potenzial, das auch die gesellschaftliche Debatte um Toleranz und Representation massiv prägen kann.

Welcher Content fehlt, den neue Creators liefern könnten? Und wie können hier auch etablierte Influencer:innen ihren Beitrag leisten?

Wer bei YouTube nach Workouts sucht, findet auf den erstem Blick nur schlanke, muskulöse Körper. Das ist nicht divers. Copyright: Shutterstock

Sind wir mal ehrlich: Body Weight-Übungen á la Pamela Reif sind gut und schön, funktionieren aber bei großen Körpern nicht nach dem gleichen Prinzip, wie bei Pamela selbst. Das gilt auch für Yoga-, Jogging- oder HIIT-Trainings. Auch gehypte Fitness-Looks aus schmalem Bralette und Skinny-Leggins bedeuten im Kontext der gesellschaftlichen Bewertung an verschiedenen Körpern völlig unterschiedliche Dinge.

Es liegt nichts problematisches darin, schlanke, dem Schönheitsideal entsprechende Körper zu zeigen. Falsch ist, dass nur diese Körper gezeigt werden. Das nährt den Mythos von faulen, mehrgewichtigen Menschen ohne sportliche Ambitionen. Auch dick gelesene Menschen möchten Home-Workouts machen, stylische Sportkleidung tragen und sportliche Erfolge feiern. Repräsentation und Identifikation mit Menschen, die dem eigenen Körperbild entsprechen, ist dazu wichtig. Ganz nebenbei verändert Vielfalt in erhöhter Frequenz die Sehgewohnheiten und führt zu einem neuen, diversen Bild von Körpern.

Das können neue Creators tun

Die Anknüpfungspunkte, Fitness-Content vielseitiger und Körper-inklusiver zu gestalten, sind umfangreich. Sowohl für Neueinsteiger:innen, als auch für etablierte Influencer:innen.

Wer Fitness-Content zeigt, sollte entsprechendes Know-how vorweisen. Außerdem spielt Spezifizierung eine große Rolle. wir vermissen eine Auwahl deutschsprachige Creators, die z.B. Videos zu Fat Yoga oder Zumba Gold, Plus Size HIIT oder Curvy Running produzieren. Da sind - mal wieder - die US-Amerikaner:innen weiter. Inspiration gibt’s z.B bei Holly Honjo oder Edyn Loves Life.

Wer seinen Content mit entsprechenden Hashtags versieht, sollte den Ursprung selbiger mitdenken und nicht zur Verwässungerun politischer Forderungen beitragen. So gibt es durchaus Gründe, die dagegen sprechen, den Hashtag #bodypositivity zu verwenden. Ursprünglich fordert der Begriff nämlich gesellschaftliche Diversität sowie soziale Gerechtigkeit und kämpft gegen intersektionale Diskriminierung - nicht gegen Hautfalten und für Selbstaktzptanz. Mehr Infos dazu gibt’s z.B. im Buch Body Politics von Autorin Melodie Michelberger.

Das können Kund:innen tun

Die Brands scheinen hier - zumindest teilweise - weiter als der deutsche Influencer Marketing-Markt. Marken wie Adidas, Reebok, oder Zalando propagieren in ihren Kampagnen bereits Körpervielfalt, bieten Sportswear in zahlreichen Größen, verwenden Schaufensterpuppe mit großen Körpern oder zeigen diverse Models in ihren Online-Shops.

Hier ist Luft nach oben. Aber auch Potenzial für Influencer:innen, die sich in diesem Bereich einen Namen machen möchten. Kunden und ihre beratenden Agenturen sollten Kampagnen immer divers denken und besetzen, nicht nur, wenn es explizit als Strategie formuliert wurde. Marken tragen zudem die Verantwortung, vom Entwurf eine Produkts bis zur Vermarktung verschiedene Perspektiven und damit auch Körperformen mitzudenken. Die Kommunikation bildet dann “nur” das Finale.

Das können etablierte Influencer:innen tun

Etablierte Influencer:innen können - ganz simpel - Übungen für große Körper mitdenken und in Varianten zeigen. Sie können sich aktiv dazu entscheiden, nur mit Brands zu arbeiten, die Körpervielfalt in ihrer Marketingstrategie sichtbar machen. Und sie können Influencer:innen mit entsprechendem Content fördern, Partner-Workouts durchführen oder konkret empfehlen - auch bei Kunden oder Agenturen.

Das können Follower:innen tun

Auch wer mit den Übungen von Pamela Reif bestens zurecht kommt, sollte Vielseitigkeit aktiv supporten. Zum Beispiel mit like & follow solcher Accounts, die zu wenig Sichtbarkeit haben. Schließlich entscheiden wir einem kleinen Klick auf Instagram über die Relevanz von Content. Das gilt auch für den Kauf von Produkten. Sollten wir also wirklich Marken unterstützen, die Kleidung maximal bis Größe 40 führen? Sollten wir Produkte von Marken kaufen, die einseitige Schöheitsideale propagieren? Oder uns in Fitness-Studios mit einem solchen Menschenbild anmelden? Es ist, wie so häufig in gesellschaftlichen Debatten: Verantwortung tragen jene, die nicht von der Diskriminierung betroffen sind.

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