Künstler-Interview

Lena Meyer-Landrut: “Mein Enthusiasmus ist so laut, dass ich aufpassen muss, nicht zu übertreiben”

Franziska Gajek
Von Franziska Gajek
05.07.2022 / 17:05 Uhr

Wer die Songs von Künstlerin Lena Meyer-Landrut hört, stößt immer wieder auf ein Thema. Ob in Strip, Skinny Bitch oder ihrem ganz neuen Song Looking for Love - Lena singt von innerer Stärke, vom Umgang miteinander und dem Druck, den Vergleiche in uns auslösen. Wie kann es gelingen, sich Negativität und permanenten Bewertungen zu entziehen, wo wir auf Social Media doch 24/7 damit konfrontiert sind?

Wir verabreden uns mit Lena zum Interview und sprechen über die Facetten der sozialen Medien, und Möglichkeiten, ein Gleichgewicht zwischen analoger und digitaler Welt zu finden. Außerdem nimmt uns Lena mit hinter die Kulissen ihrer Arbeit für ihre eigene About You Brand A Lot Less.

Mal eben eine eigene Fashionbrand aufbauen - so leicht geht's nicht, wie uns Lena im Interview über ihre Arbeit für A LOT LESS erzählt.   Copyright: Apricot Berlin für ABOUT YOU

styleranking: Welche Idee von Mode spiegelt sich in deiner Brand A LOT LESS wider?

Lena: Ich stelle zeitlose Designs in den Fokus. A LOT LESS soll in jeden Kleiderschrank passen und ich möchte, dass sich die Leute darin wohlfühlen. Ich lege Wert darauf, dass sich meine Teile gut mit dem kombinieren lassen, was bereits im Schrank hängt. Im besten Falle trägt man die Designs lange und oft und kann sie danach sogar an Freunde oder Familie weitergeben.

styleranking: Warum sollte es ausgerechnet Mode sein, und keine Skincare oder Make-up Brand?

Lena: About You kam auf mich zu und war als Partner sehr offen, transparent und nett in der Kommunikation. Ich hätte mir nicht zugetraut, so ein Projekt selbst zu stemmen. Es war die richtige Entscheidung, wenn ich jetzt sehe, wie viel Arbeit allein ich in die Brand stecke. Das ist ja nicht mein Hauptberuf, sondern ein Teil davon.

Natürlich habe ich auch auf 100 andere Projekte Bock. Aber ich versuche, nicht auf allen Hochzeiten zu Tanzen. Mein Enthusiasmus ist so laut, dass ich aufpassen muss, nicht zu übertreiben.

styleranking: Wie sieht die Arbeit für deine Brand aus?

Lena: Wir überlegen gemeinsam, wofür die Kollektionen stehen soll und was wir zeigen möchten. In der kommenden Herbst/Winter-Kollektion steht zum Beispiel das Thema Romantic Grunge im Fokus. Festive Looks für die Feiertage sind natürlich auch dabei - klassisch und zeitlos.

Auf die Entwürfe der ersten Designs folgen die Fittings der Samples. Hier nehmen wir Anpassungen und Feinjustierungen vor. Dann geht’s in die Produktion. Im Anschluss beginnt die Arbeit mit einem Creative Director. Dann starten Shooting- und Content-Plan.

"Unsere Mission ist, ein Verständnis dafür zu verbreiten, gut mit den Dingen umzugehen"

styleranking: Deine Brand ist nachhaltig, ihr produziert in Portugal. Findest du, dass Nachhaltigkeit in der Mode mittlerweile ausreichend thematisiert wird?

Lena: Es wäre schön, wenn das eine Selbstverständlichkeit wäre. Aber die Realität sieht leider anders aus. Viele große Brands importieren aus China und lassen dort produzieren, weil die Preise unschlagbar sind. Accessoires können wir bei A LOT LESS z.B. nicht anbieten, weil Hüte, Gürtel etc. hauptsächlich in China gefertigt werden. Nartürlich werden auch in Europa Accessoires produziert, z.B. in Italien. Diese Teile sind für den Normal-Konsumenten allerdings nicht zu bezahlen. Da bewegen wir uns zwischen 600 bis 800 Euro für ein Paar Schuhe.

Nachhaltigkeit geht leider immer noch zu Lasten der Wirtschaftlichkeit. A LOT LESS ist definitiv weniger wirtschaftlich, als viele andere Labels. Das liegt daran, dass wir auf die Qualitäten der Stoffe, den Herkunftsort, die Arbeitsbedingungen und die Zusammensetzung der Stoffe mit möglichst wenig Elasthan und Materialmix achten. Daraus folgt, dass Konsumenten mit den Teilen nicht sorglos umgehen können. Ein Produkt aus 100 Prozent Baumwolle kannst du nicht einfach in die Waschmaschine werfen.

Diese Herausforderungen für Produzenten und Konsumenten müssen kommuniziert werden, auch wenn einige dieser Aspekte in unserer Bubble selbstverständlich scheinen. Unsere Mission ist, ein Verständnis dafür zu verbreiten, gut mit den Dingen umzugehen. Teile, die kaputt gehen, kann man z.B. reparieren, anstatt sie wegzuwerfen.

styleranking: Begleitet dich ein modischer Leitspruch?

Lena: Ich kleide mich abhängig von meiner Stimmung. Wenn ich mich gemütlich fühle erlaube ich mir, mich entsprechend anzuziehen - egal, was ich mache.

styleranking: In welchem Look fühlst du dich auf der Bühne besonders wohl?

Lena: Ich mag, wenn ich mich gut eingepackt fühle. Ich möchte mich nicht darum sorgen, dass etwas rutscht, wackelt und kneift oder ein Träger von der Schulter fällt. Ich will mich gut und frei fühlen. Das soll natürlich nicht auf Kosten des Styles gehen.

Innere Stärke ist ein großes Thema in der Musik von Lena Meyer-Landrut. Ihr neuester Song Looking for Love beschäftigt sich besonders mit unserem Umgang untereinander.   Copyright: Apricot Berlin für ABOUT YOU

"Ich spüre den Druck und die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Medien"

styleranking: In deinen Songs geht es oft um innere Stärke - ob in Wild & Free, Strip, Skinny Bitch oder Boundaries. Hilft dir Kleidung dabei, innere Stärke zu transportieren?

Lena: Ich glaube, diese Stärke kommt im ersten Schritt von Innen. Mode kann ein Hilfetool sein, womit man sich z.B. aufregender oder sicherer fühlt. Wenn die innere Basis fehlt, wird’s allerdings schwierig.

styleranking: Warum ist das Thema der inneren Stärke für dich so wichtig geworden?

Lena: Das Thema beschäftigt und begleitet mich. Ich spüre den Druck und die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Medien. Deswegen sind die Gedanken zur inneren Stärke omnipräsent.

Am 24. Juni erschien mein neuer Song Looking for love, indem es darum geht, dass wir alle Liebe empfangen und senden möchten, aber trotzdem so viel Hass und Negativität herrscht. Einen Teil davon können wir im alltäglichen Leben beeinflussen, indem wie basically Liebe leben. Selbst wenn uns jemand begegnet, der einen schlechten Tag hat: Wir können Negativität nicht mit Negativität bekämpfen. Darin liegt eine schöne Herausforderung, diesen Momenten mit Empathie und Liebe und einem Gefühl von Verständnis zu begegnen. Eine Zeile im Song lautet “We’re all getting tired fighting fire with fire”.

"Wir sind immer available und pochen auf direktes Feedback. Das macht es schwer, Ruhe einkehren zu lassen"

styleranking: Du hast kürzlich bei Instagram in einer Caption aufgerufen, sich nicht von der Insta-Welt blenden zu lassen. Was ist dein Rezept für die Tage, an denen dir das gelingt?

Lena: Das einfachste Rezept, um Distanz zu sozialen Medien aufzubauen, ist Distanz zum Telefon. Das ist natürlich total offensichtlich, aber die Umsetzung fällt uns gleichzeitig sehr schwer. Daran erkennen wir, wie sehr uns Social Media beschäftigt und die Überhand gewinnt.

Ich stehe nicht mit erhobenem Zeigefinger hier. Mir fällt es selbst schwer, mich daraus zu ziehen. Zu Social Media gehören z.B. auch WhatsApp und die vielen Gruppen, die wir ständig via Smartphone nutzen. All das übt Druck aus, dem wir permanent standhalten müssen. Wir sind immer available und pochen auf direktes Feedback. Das macht es schwer, Ruhe einkehren zu lassen.

styleranking: Hat sich dein Blick auf Social Media im Laufe deiner Karriere verändert?

Lena: Social Media hat sich während meiner Karriere erst entwickelt, ich habe ja bereits 2010 begonnen. Das ist ein Indikator dafür, wie schnell diese Entwicklung abläuft und wie schnell sich unsere Körper und Seelen daran gewöhnt haben. Wir sind soviel mehr Input ausgeliefert, als vor zehn Jahren. Ich bekomme zunehmend das Gefühl, dass wir diese Eindrücke nicht mehr verarbeiten können.

Diese Massen an Informationen gehen an die Nerven, stressen und machen krank. Das können körperliche, psychische oder nervliche Erkrankungen sein oder wir werden einfach sehr müde davon. Klar ist: Das geht nicht spurlos an uns vorbei.

"Social Media als Arbeitstool zu benutzen, muss nicht bedeuten, das komplette Privatleben dort auszubreiten"

styleranking: Glaubst du, eine Karriere ohne bzw. mit deutlich reduziertem Aufwand für die sozialen Medien ist heute noch möglich?

Lena: Das ist sehr individuell und ich bin sicher, dass es ohne geht. Ein gutes Beispiel dafür ist die Schauspielerin Jennifer Lawrence.

Es ist auch gar nicht notwendig, komplett ohne Social Media zu arbeiten. Wichtig ist das Verhältnis, was wir dazu aufbauen. Social Media als Arbeitstool zu benutzen, muss nicht bedeuten, das komplette Privatleben dort auszubreiten. Wenn das gelingt, handelt es sich um ein tolles Tool. Es macht Spaß und eröffnet viele neue Möglichkeiten. Ich möchte Social Media nicht verteufeln, aber für mich wahrnehmen, dass die ständige Konfrontation damit schwierig sein kann. Social Media-Konsum bedeutet nämlich auch, sich zu vergleichen, ständig erreichbar zu sein, viele Kommentare zu lesen, zu konsumieren und die Ruhe zu verlieren. Das hat erstmal nichts mit der Plattform zu tun.

Es ist legitim, als Influencer damit Geld zu verdienen. Aber wir sollten beobachten, ob der Konsum der sozialen Medien Oberhand über das Privatleben und das normale Ich gewinnt.

styleranking: Denkst du, die Distanzlosigkeit einiger Menschen ist ein exklusives Problem der sozialen Medien oder zieht sich das durch sämtliche Bereiche des Lebens, wie du es in Skinny Bitch andeutest?

Lena: Ich nehme es hauptsächlich im Internet wahr, weil die Anonymität dort die direkte Konfrontation verhindert. Es ist online viel einfacher, seinen Frust abzulassen.

4,7 Millionen Menschen folgen Lena bei Instagram. Was Social Media positiv wie negativ bewirken kann, weiß sie ganz genau.   Copyright: Apricot Berlin für ABOUT YOU

"A lot less Social Media und Bad Vibes fände ich gut"

styleranking: In deinem Song Strip fordest du “a lot less judgement”. Denkst du, wir urteilen schon weniger übereinander oder ist das ein Ideal der sozialen Medien, was im realen Leben nicht umgesetzt wird?

Lena: Ich glaube, dass Gossip und eine grundsätzliche Sensationsgeilheit in uns allen steckt. Das ist kein neues Phänomen.

In meinem Privatleben herrscht viel Positivität, aber auch auf Social Media. Ich versuche allerdings bewusst, nicht mit Leuten zu kommunizieren, die grundlos negativ sind oder kein konstruktives Feedback teilen.

styleranking: Wenn du einen Tag CEO von Instagram sein könntest, was würdest du ändern?

Lena: Das würde ja bedeuten, dass ich auch CEO von Facebook und WhatsApp wäre. Ich würde vermutlich die Zeit zurückdrehen wollen, was die Funktionsbreite betrifft. Facebook war ein soziales Netzwerk, um sich auszutauschen und Instagram war ein Tool, um Fotos zu bearbeiten. Ich finde Öffnungszeiten super, ich würde die Kommentar- und Like-Funktion streichen. Das würde natürlich einige Business-Cases auslöschen. Ich weiß aber nicht, ob das so schlecht ist. (lacht)

styleranking: Wovon hättest du im Leben gern less?

Lena: A lot less Social Media und Bad Vibes fände ich gut.

styleranking: Und wovon wünschst du dir für die Zukunft a lot?

Lena: Ruhe, Glück und innere Freude.

styleranking: Vielen Dank für das Interview, Lena.

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