Influencer Interview

Chris Krömer: "Ich dachte, dass meine Großeltern immer da sein werden"

Franziska Gajek
Von Franziska Gajek
24.03.2022 / 10:24 Uhr

Dass Oma Lissi einen besonderen Platz in Chris Krömer's Leben einnimmt, wird auf den ersten Blick klar. Als er im styleranking-Office Platz nimmt, baumelt eine Halskette mit Fotoanhänger um seinen Hals. Darauf zu sehen: Oma und Enkel. Dann greift er in seinen Rucksack und zieht ein Buch hervor. Auf dem Cover: Oma und Enkel.

Chris Krömer wird gern als bekanntester Enkel Deutschlands bezeichnet. Mit 27 Jahren blickt er auf eine beachtliche Social Media-Karriere zurück. Millionen Fans begeistert er mit den Videos seiner Oma Lissi auf Instagram und TikTok. Nun ist er auch noch Spiegel-Bestseller-Autor. In "Mir doch woschd" hat er das Glücksrezept seiner Oma aufgeschrieben.

2021 verstirbt Oma Lissi. Ein großer Verlust für Chris. Auch seine Community zeigt sich betroffen, die Anteilnahme ist überwältigend. Öffentlich trauern, wie fühlt sich das an? Wir haben Chris gefragt und mit ihm über den Stellenwert von Zufriedenheit, das Glücksrezept seiner Oma und die Integration alter Menschen in die Gesellschaft gesprochen.

Christian Krömer ist auf Social Media bekannt geworden. Nun ist er auch erfolgreicher Autor.   Copyright: Clara Dötsch

styleranking: Im Buch “Mir doch woschd”, was du über das Glückreszept deiner Oma geschrieben hast, spielen Werte eine große Rolle. Welche Werte hat dir deine Oma mitgegeben?

Chris Krömer: Meine Oma ist 1928 geboren und hatte ein anstrengendes Leben. Sie hat im Krieg viele Schicksalsschläge erlebt. Und trotzdem saß sie mit 93 in ihrem Sessel und lächelte mich zufrieden an. Ich wollte wissen, welches Rezept dahinter steckt. Ihre traditionellen Werte spielen für diese Zufriedenheit eine große Rolle. Damit meine ich z.B. Ordnung, Pünktlichkeit, Zufriedenheit, Dankbarkeit, Nächstenliebe, Miteinander und der Respekt vor Mitmenschen. Nichts davon hat meine Oma mir beigebracht. Ich habe einfach aufgesogen, was sie vorgelebt hat.

styleranking: Gibt es Werte, die du leichter umsetzen kannst, als andere?

Chris Krömer: Ich tue mich schwer mit dem Leitsatz “Ordnung ist das halbe Leben”. Aber das ist okay für mich, in bin eben ein kreativer Mensch. Trotzdem erinnere ich mich daran, dass meine Oma nach dem Kochen immer direkt alles weggeräumt hat und versuche, das ebenfalls zu beherzigen, wenn ich etwas backe. Ich habe mich häufig dabei ertappt, dass ich mich nach dem Aufräumen besser gefühlt habe.

Alle anderen Werte habe ich natürlich neben meiner Oma auch von meinen Eltern vermittelt bekommen. Deswegen beherzige ich Vieles unbewusst. Ich bin sehr dankbar dafür, so groß geworden zu sein.

"Ich denke, wir sollten uns hin und wieder darauf besinnen, wie zufrieden und dankbar wir sein können"

styleranking: Es ist ungewöhnlich, auf Social Media das Thema Werte anzusprechen. Denkst du, wir haben hier Nachholbedarf?

Chris Krömer: Aus diesem Grund habe ich das Buch geschrieben. Wir leben in einer Zeit, in der Menschen nach Erfolg und Optimierung streben. Diese Entwicklung belastet viele. Ich denke, wir sollten uns hin und wieder darauf besinnen, wie zufrieden und dankbar wir sein können. Werte sind keine Zaubertricks. Es sind simple Perspektiven auf das Leben, die wir uns nur bewusst machen müssen. Sie geben uns Struktur, Ordnung und einen Rahmen, der Zufriedenheit ermöglicht.

styleranking: Liegt Glück damit in Dankbarkeit und dem Blick auf kleine Dinge?

Chris Krömer: Ich denke, der Schlüssel ist die Zufriedenheit. Das schließt ein, nicht nachtragend oder neidisch zu sein. Dabei ist wichtig, negative Emotionen bewusst wahrzunehmen und zu reflektieren.

In "Mir doch woschd" geht Chris dem Glücksrezept seiner Oma auf die Spur und teilt, welche Werte Oma Lissi wichtig waren.   Copyright: GU Verlag

styleranking: Du bespielst mehrere Accounts mit vielseitigem Content. Wie entscheidest du, was auf welcher Plattform am besten aufgehoben ist?

Chris Krömer: Bei Instagram poste ich nur noch ausgewählte Themen auf dem Lissi-Account. Ansonsten entscheide ich aus dem Bauch heraus, worauf ich gerade Lust habe.

styleranking: Unterscheiden sich deine Follower:innen bei TikTok und Instagram?

Chris Krömer: Den größten Unterschied bemerke ich zwischen Kommentaren und direkten Nachrichten. In DMs schütten mir Menschen ihr Herz aus und werden sehr persönlich.

styleranking: Wie geht es dir damit?

Chris Krömer: Ich habe schnell gemerkt, dass die Videos mit meiner Oma sehr tiefgründige Gespräche auf Social Media angestoßen haben. Das war der Grund für mich, weiter zu machen. Leute haben mir geschrieben, dass sie zum ersten Mal seit Jahren bei ihrer Oma angerufen haben, weil sie uns zugeschaut haben. Mich hat so gefreut, dass ich Menschen durch ein paar Videos und Bilder motivieren konnte.

"Wir können viel lernen von unseren Großeltern"

styleranking: Gab es für dich einen Moment, in dem dir klar wurde, wie wertvoll die Zeit mit deiner Oma ist oder warst du schon immer eine Oma-Kind?

Chris Krömer: Der Tod meines Opas war ein ausschlaggebender Moment. Der Pfarrer erzählte am Grab vom Leben meines Großvaters und ich dachte: Krass, der hatte wirklich ein spannendes Leben und ich wusste so vieles nicht. Ich mache mir deswegen keine Vorwürfe, schließlich war ich erst 14 Jahre alt.

Ich dachte irgendwie, dass meine Großeltern immer da sein werden. Ich musste erst ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass dem nicht der Fall ist. Durch diese Erkenntnis konnte ich die Zeit mit meiner Oma dann richtig genießen.

styleranking: Findest du, dass Senior:innen ausreichend in unserer Gesellschaft stattfinden?

Chris Krömer: Ich sehe, dass mehr junge Menschen einen Blick für diese Generation bekommen und vielleicht selbst mit ihren Großeltern Blödsinn vor der Kamera machen. Es gibt auch Stiftungen, die sich für eine bessere Integration alter Menschen in die Gesellschaft einsetzen. Das ist sehr wichtig. Wir können viel lernen von unseren Großeltern. Unser Leben und unsere Sicherheit ist von dieser Generation aufgebaut worden. Ich denke, wir können mehr tun und mir liegt daran, dass das Verständnis dafür aus innerer Überzeugung entsteht. Druck von Außen bewirkt eher weniger.

styleranking: Hat das Thema Familie ein Image-Problem, weil wir uns auf die Selbstverwirklichung konzentrieren? Oder ist Familie zu oft eine schmerzhafte Bürde, die uns zwingt, Abstand zu nehmen?

Chris Krömer: Ich komme aus einer starken Familie und das ist ein Privileg. Jeder führt sein eigenes Leben, aber wir wohnen nah beieinander. Deswegen habe ich erst via Social Media gelernt, dass es sehr viele Familien mit ernsten Problemen gibt. Oma hat mal zu mir gesagt: Christian, du brauchst nicht nachtragend sein. Man darf sich streiten, muss sich aber auch wieder vertragen.

Das kann ich nur empfehlen. Wir sollten öfter über unseren Schatten springen und die eigenen Ansichten kritisch hinterfragen. Einfach den Kontakt abbrechen ist auf Dauer sicher kein sinnvoller Weg. Ich will niemandem etwas vorschreiben. Ich kann nur empfehlen, ein bisschen mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Das bedeutet nicht, dass man in seinem Dorf sitzenbleiben soll.

styleranking: Also einfach mal anrufen?

Chris Krömer: Klar, niemand muss wie ich jeden Tag fünf oder sechs Stunden bei der Oma sitzen. Mit meinem Job und Leben war das vereinbar. Das gilt aber nicht für jeden. Wenn man seine Oma morgens im Stau aber mal fünf Minuten anruft, freut die sich den ganzen Tag darüber und erzählt das wahrscheinlich noch Nachbarn und Freunden.

"Der Verlust ist groß, aber ich wusste, dass sie ein zufriedener Mensch war"

styleranking: Braucht es Mut, sich mit alten Menschen zu beschäftigen, weil Krankheit, Verlust und Tod präsenter sind?

Chris Krömer: Für manche mag das zutreffen. Aber wer so fühlt, sollte sich erst Recht damit auseinandersetzen. Ich habe meine Oma mal gefragt, ob sie Angst vor dem Tod verspürt. Sie sagte: Nein, ich lebe im Jetzt.

styleranking: Hattest du Angst vor ihrem Tod?

Chris Krömer: Nein. Der Verlust ist groß, aber ich wusste, dass sie ein zufriedener Mensch war. Sie hatte ein schönes Leben. Für sie war wichtig, dass sie eigenständig leben konnte. Jahrelang ans Bett gefesselt zu sein, wäre schrecklich für sie gewesen. Sie konnte bis auf wenige Wochen vor ihrem Tod ihren Haushalt selbst bewältigen. So wollte sie es haben.

styleranking: Wie ging es dir damit, öffentlich zu trauern?

Chris Krömer: Ich bin dankbar, dass mir die Leute so viel Mut und Kraft gesendet haben.Die Community hat all unsere Höhen und Tiefen erlebt und deswegen wollte ich die Menschen teilhaben lassen. Manche Follower habe die Oma fast als ihre eigene betrachtet. Deswegen wollte ich in der Trauerphase niemanden ausgrenzen.

styleranking: Du wirst häufig als der berühmteste Enkel Deutschlands beschrieben. Wie gehst du mit dieser Rolle jetzt um?

Chris Krömer: Ich mache mir um diesen Titel wenige Gedanken. Oder wie die Oma es sagen würde: Mir doch woschd. Ich bin stolz auf alles, was war. Im Kern ist mir wichtig, dass die Leute meine Botschaft verstehen. Ob sie mich als Enkel oder als Chris bezeichnen, spielt keine Rolle.

styleranking: War es neben der emotionalen Belastung eine Herausforderung für dich, beruflich einen Weg zu finden, der dich ohne deine Oma erfüllt?

Chris Krömer: Ich betreibe meine Karriere nicht strategisch. Ich habe einfach gemacht, wozu ich Lust hatte und wollte die Leute mit in mein Leben nehmen. Das führe ich fort. Sport hat in meinem Leben zum Beispiel immer eine große Rolle gespielt, deswegen ist es nur natürlich, dass dieser Teil auf Social Media stattfindet. Ich werde auch weiter backen, weil mich das mit meiner Oma verbindet. Einige Gegenstände aus ihrere Küche habe ich mit zu mir nach Hause genommen und wenn ich backe, denke ich an sie. Ich habe das Gefühl, dass der Kuchen dann besonders lecker schmeckt.

styleranking: Vielen Dank für das Interview, Chris.

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